Velp und verwandte Schatzfunde des frühen 5. Jahrhunderts
Dieter Quast
Zusammenfassung:
Aus Velp in der Provinz Gelderland in den heutigen Niederlanden sind zwei Schatzfunde des frühen 5. Jahrhunderts bekannt, die unabhängig voneinander deponiert wurden. Der erste wurde bereits 1715 geborgen und
enthielt neben fünf Medaillons (Galla Placidia und Honorius) goldenen Ringschmuck sowie „eine große Menge an Goldmünzen“. Das Gewicht der erhaltenen Objekte überschreitet knapp 250g. Der Schatzfund von 1851
wird durch die sieben goldenen, punzverzierten Halsringe charakterisiert; zusätzlich konnten zwei goldene
römische Fingerringe und zwei Stück „Hackgold“ sichergestellt werden. Mit einem Goldgewicht von über
530g gehört er zu den reichsten Hortfunden im fränkischen Gebiet. Halsringe vom Typ Velp sind ausschließlich aus einigen Schatzfunden vom Niederrhein bekannt, die in einen nahezu europaweiten Schatzfundhorizont eingeordnet werden können. Zwar sind die Gründe für die Niederlegung dieser Horte nicht sicher zu rekonstruieren, doch treten gerade solche mit „Velper Halsringen“ auffälligerweise nur in Gebieten auf, aus
denen keine zeitgleichen reich ausgestatteten Männergräber bekannt sind. Die jeweiligen Eliten stellen sich
anscheinend zu Lebzeiten u.a. durch Weiheopfer dar. Velp fällt durch die zwei Schatzfunde auf und es ist zu
vermuten, dass hier ein wichtiges frühfränkisches Zentrum lag.
Abstract:
Two treasure troves from the early 5th century, deposited independently, are known from Velp in the province
of Gelderland in the Netherlands. The first one was found already in 1715 and contained five medaillons (Galla Placidia and Honorius), golden rings and “a huge amount of gold coins”. Those objects still preserved together weigh a little more than 250g. Seven golden neck-rings with punched decoration are the principal objects of the second treasure trove, found in 1851, together with two Roman gold fingerrings and two pieces of
“hacked gold”. With more than 530g of gold, this hoard is one of the richest found in the Frankish area. Neckrings of type Velp are known exclusively from some treasure troves from the Lower Rhine area; all of these
belong to a horizon of treasure troves from nearly all of Europe. Reasons for the deposition of these hoards
can’t be reconstructed with certainty, but treasure troves with neck-rings of type Velp are only known from
areas without contemporary richly furnished male burials. Members of the male elite apparently displayed
their wealth by votive offerings during their lifetimes. Velp is characterised by its two treasures troves, and it
can be assumed to have been an important early Frankish centre.
Zu den kriegsbedingt verlagerten Funden aus dem
Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte gehören sieben goldene Halsringe aus Velp in der Provinz
Gelderland in den heutigen Niederlanden1. Der
Fundort liegt nur wenige Kilometer nördlich der
Mündung des Flusses Ijssel in den Lek, somit nördlich des spätantiken Limes (Abb. 1). Die genaue
Fundstelle befand sich, soweit dies den knappen Berichten zu entnehmen ist, ca. 250 m nördlich der Kirche und war wie diese auf einer Erhöhung gelegen,
die lange Zeit zur Sandgewinnung diente und erst
wenige Jahre zuvor kultiviert worden war. „Am 16.
Januar 1851 wurden durch den Gärtner Carro, aus
Velp, im Garten des Herrn J.J. Jobius, zufällig, beim
Umgraben des Bodens gefunden: elf goldene
Schmuckstücke, das sind Hals- und Fingerringe, alle
an einem großen Halsring hängend, offensichtlich
mit Absicht in der alten Zeit in den Boden gelegt“2.
Es wurden keinerlei Spuren eines Skelettes oder von
Leichenbrand gefunden, und obwohl das gesamte
Umfeld durchwühlt wurde, blieb die Hoffnung, weitere „Schätze“ zu finden, unerfüllt. Es handelt sich
1
heim lässt am Fundort keinen Zweifel, ebenso die bei Pleyte
(1887, 32) genannte Zugehörigkeit zur Gemeinde Rheden. –
Vgl. Roes 1947, 177.
2
Janssen 1852, 162f.
Menghin 2007, 41 mit Abb. 7; 278f. Nr. 0.5 dort ist irrtümlich
der gleichnamige Ort in der südlich des Rheindeltas (innerhalb
des römischen Reiches) gelegenen Provinz Noord-Brabant angegeben. Die bei Janssen (1852, 161) genannte Nähe zu Arn-
207
Acta Praehistorica et Archaeologica 41, 2009
Abb. 1: Die Lage von Velp in Bezug zum spätrömischen Limes. Nach Bechert/Willems 1995, 102 Abb. 101 mit Ergänzung.
also zweifellos um einen isoliert niedergelegten Depotfund.
Bereits 136 Jahre zuvor war in Velp ein Schatzfund
entdeckt worden, dessen Fundort man nun genauer
recherchierte, um eine evtl. Zusammengehörigkeit
zu prüfen. „Auf der „Laar“ bei Velp wurde im Jahr
1715 durch Werkleute und Soldaten beim Umgraben
und Einebnen von einem unfruchtbaren und hügeligen Stück Weideland, das einem Tabakskaufmann
gehörte, der es für den Tabakanbau verbessern wollte, ein goldener Schatz gefunden, dessen Goldwert
zwischen ƒ 10.000 und ƒ 12.000 lag. Der Schatz bestand aus einem/r Halsring/-kette (collier), Armringen (brasseleten), Münzen und Medaillons.“ Alles
lag in der losen Erde, aber der Halsring und die Armringe waren zu einem Kreis gelegt, dessen Mitte mit
den fünf Medaillons bedeckt war, die noch an dem
Halsring befestigt waren. Darauf waren die anderen
Münzen deponiert worden3 (Abb. 2). Die Fundstelle
lag 10 Minuten entfernt von der derjenigen des Jahres 1851, so dass aus Velp zwei Schatzfunde vorliegen4.
3
Ebd. 167f. – Eine erste Publikation der Fundstelle durch G.
Cuper (1743) war mir leider nicht zugänglich: Weitere ältere,
mir ebenfalls nicht zugängliche Erwähnungen bei Janssen 1852,
167.
208
Abb. 2: Velp, Münzen aus dem Schatzfund von 1715. Nach
Pleyte 1887, Taf. VI,1-4.
Der Schatzfund von 1715
Die Funde sind nur unvollständig überliefert. Armringe und der größte Teil der Münzen verschwanden
bereits unmittelbar nach der Entdeckung und wurden eingeschmolzen. Lediglich zwei Solidi konnte
Gisbert Cuper kaufen (Honorius und Valantinian),
doch auch deren Verbleib ist unbekannt5. Weitere
Münzen sind von Cuper bestimmt worden. Bei
Pleyte sind weitere Prägungen abgebildet (Abb. 3),
4
Janssen 1852, 170.
Zur Person Gisbert Cuper vgl. Zadoks-Josephus Jitta 1950, 86
Anm. 3
5
Quast, Velp und verwandte Schatzfunde
Abb. 3: Velp, Medaillons aus dem Schatzfund von 1715. 1 nach Pleyte 1887, Taf. VI,6. – 2.4.5 nach Bursche 1998, Taf. H-I. - 3 nach
Gelderse Oudheden 1989, 63.
auch deren Verbleib ist unbekannt6. Die Kette bzw.
der Halsring („collier“) befand sich bis 1799 im Besitz der Familie Bramtsen und wurde kurz danach
eingeschmolzen
Das in Mailand geprägte Medaillon wurde 1831
beim Einbruch in die Bibliothèque Nationale in Paris gestohlen und ist seitdem verschollen.
Lit.: Janssen 1852; Pleyte 1887, 32ff. mit Taf. 6; Van
Kerkwijk 1910, 29ff.; Ulrich-Bansa 1949, 174ff.;
Zadoks-Josephus Jitta 1950, 85ff.; Brenot/Metzger
1992, 341; Bursche 1998, 61ff.
1. 4 ½-facher Solidus des Honorius in Schmuckfassung,
Mailand, Prägedatum 404 (?) Dm. Fassung 6,0cm. Paris,
Bibliothèque Nationale; seit 1831 verschollen. (Pleyte
6
1887, Taf, 6,6; Van Kerkwijk 1910, Taf. 4,3; Ulrich-Bansa
1949, Taf. F, 89; G 98; Bursche1998, 250f. Nr. 29,I).
(Abb. 3,1).
2. 4 ½-facher Solidus des Honorius in Schmuckfassung,
Ravenna, Prägedatum 404 (?); Gew. 74,1g. Dm. Fassung
6,6cm. Paris, Bibliothèque Nationale, Cabinet des Médailles (Ulrich-Bansa 1949, Taf. F,a; G,a; Bursche1998,
251 Nr. 29,II). (Abb. 3,2).
3. 4 ½-facher Solidus des Honorius in Schmuckfassung,
Ravenna, Prägedatum 404 (?); Gew. 61g. Dm. Fassung
6cm. Rijksmuseum Het Koninklijk Penningkabinet, Leiden (Ulrich-Bansa 1949, Taf. F,b; G,b; Bursche 1998, 251
Nr. 29,III mit Taf. H; Gelderse Oudheden 1989, 63 Abb.
3; 4; Van Kerkwijk 1910, Taf. 4,1). (Abb. 3,3).
4. 2-facher Solidus der Galla Placidia in Schmuckfassung,
Ravenna, Prägedatum 426-430; Gew. 40g. Dm. Fassung
Pleyte 1887, Taf. 6,1-4.
209
Acta Praehistorica et Archaeologica 41, 2009
5,0cm. Rijksmuseum Het Koninklijk Penningkabinet,
Leiden (Ulrich-Bansa 1949, Taf. F,d; G,d; Bursche 1998,
251 Nr. 29,IV mit Taf. H; Gelderse Oudheden 1989, 63
Abb. 2; Van Kerkwijk 1910, Taf. 4,2). (Abb. 3,4).
5. 2-facher Solidus der Galla Placidia in Schmuckfassung,
Ravenna, Prägedatum 426-430; Gew. 39,2g. Dm. Fassung
5cm. Paris, Bibliothèque Nationale, Cabinet des Médailles (Ulrich-Bansa 1949, Taf. F,c; G,c; Bursche 1998, 251f.
Nr. 29,V mit Taf. I; Brenot/Metzger 1992, Taf. 4,81; Gelderse Oudheden 1989, 62 Abb. 1). (Abb. 3,5).
6. Halsring oder Halskette, Gold. Verschollen. Die Information, dass die Medaillons an dem Ring/an der Kette
hingen (Janssen 1852, 176f.) spricht gegen einen Halsring
vom Typ Velp mit verdicktem Mittelteil (trotzdem so vermutet von Heidinga, 1990, 16).
7. Armringe; unbekannte Anzahl, anscheinend Gold. Verschollen.
8. „Eine große Menge an Goldmünzen“. Bestimmt sind
Prägungen von Constantin und seinen Söhnen; Valentinian, Valens, Gratian, Honorius und Johannes. (Pleyte 1887,
Taf. VI,1-4). Ebd. ist unter Nr. 3 zusätzlich eine Prägung
von Arcadius abgebildet.
Für die Datierung des Schatzes geben die Medaillons der Galla Placidia (Abb. 3,4.5) einen terminus
post quem von 426, der gut mit den jüngsten Prägungen des Usurpators Johannes (423–425) korrespondiert7. Das Münzspektrum deutet insgesamt auf
einen über gut ein Jahrhundert zusammengestellten
Schatz hin, allerdings bleibt dies ohne genauere Angaben zur Quantifizierung der jeweiligen Prägungen
spekulativ. Unwahrscheinlich ist aber, dass sich eine
einmalige römische Zahlung dahinter verbirgt. Die
Medaillons deuten hingegen trotz unterschiedlicher
Prägungen aufgrund der einheitlichen Schmuckrahmen auf einen einzigen Vertragsabschluss nach 4268.
Sie stellen die westlichsten Nachweise von Schmuckmünzen dar, die im Kontakt mit den am Rhein ansässigen Gruppen anscheinend nicht so oft vergeben
wurden, wie an der Donaugrenze (Abb. 4). Auffällig
ist aber, dass nur wenige Medaillons mit derart großen Fassungen vorkommen. Neben dem Exemplar
aus dem Schatzfund Boročiče in Wolhynien (UA),
sind sonst nur diejenigen aus Szilágysomlyó in Siebenbürgen (RO) zu nennen9.
7
Zur Datierung: Ulrich-Bansa 1949, 174ff. – Bursche 1998,
122.
8
Brenot/Metzger 1992,341.
9
Bursche 1998, 48ff.; 69ff. Taf. C-G; L.
10
Menghin 2007, 41; 278f. Nr. 0.5.1.
11
Henkel 1913, 16 Nr. 99; 38 Nr. 264. In Menghin 2007,41;
278f. Nr. 0.5.1 sind weder die Fingerringe noch das Ringgold
210
Abb. 4: Verbreitung der goldenen Medaillons. Die Größe der
Symbole zeigt das Gewicht: a. bis 15g. b. bis 50g. c. bis 200g. d.
über 200g. Nach Bursche 1998, Mapa 1.
Der Schatzfund von 1851
Der Schatzfund von 1851 ist anscheinend unvollständig überliefert (Abb. 5). Die Halsringe gelangten
1852 über den Kunsthandel Leyden nach Berlin in
die Königlichen Museen und gehören zu den kriegsbedingt nach Russland verlagerten Funden10. Auch
die Fingerringe (Abb. 6) kamen nach Berlin, doch ist
ihr Verbleib ebenso unbekannt wie der des Ringgoldes11. Die ein Jahr nach der Entdeckung vorgelegte Publikation von Janssen gibt aber relativ präzise Fundbeschreibungen (leider ohne Größenangaben) (Abb. 5). Von vier angeblich identischen
Halsringen (3–6) ist allerdings nur einer abgebildet.
Einen Ausgleich schafft jetzt ein Foto im Ausstellungskatalog „Merowingerzeit“12. Hier zeigt sich
aber, dass nur drei der Ringe identisch sind, bei dem
vierten fehlt die Punzverzierung am Übergang vom
Mittelteil zum Draht (Abb. 7). Weitgehend auf Janssen bezieht sich die erneute Vorlage durch Pleyte13.
Gute Schwarz-Weiß-Fotos von drei Ringen wurden
an unterschiedlicher Stelle publiziert14. Der Kom-
aufgeführt, doch besteht die Möglichkeit, dass sie unerkannt im
Magazin des Puschkin-Museums lagern oder zu den Kriegsverlusten des Berliner Museums zählen.
12
Menghin 2007, 41 Abb. 7.
13
Pleyte 1887, 34ff.
14
Jenny/Volbach 1933, Taf. 47; Werner 1938, 261 Abb. 2; Waterbolk/Glasbergen 1955, Taf. 27.
Quast, Velp und verwandte Schatzfunde
Abb. 5: Velp, Schatzfund von 1851. Nach Pleyte 1887, Taf. VII.
plex umfasst insgesamt 532,63g Gold (= 117 Solidi
= 192/3 unciae).
Abb. 6: Velp, Fingerringe aus dem Schatzfund von 1851. Nach
Henkel 1913, Taf. VI,99; XIII,264.
15
Janssen 1852 benutzt die im 19. Jahrhundert in den Niederlanden üblichen Gewichtseinheiten: 1 lood = 10g. - 1 wichtje = 1g.
1. Goldener Halsring mit Punzverzierung auf dem gesamtem Mittelteil; Verschluss aus birnenförmiger Öse
und konischem Knopf. Gew. 77g.15 Goldgehalt 18 Karat.
(Janssen 1852, 163 Fig. 1). (Abb. 5,1; 7; 12).
2. Goldener Halsring mit Punzverzierung um die Verdickung des Mittelteils; Verschluss aus birnenförmiger Öse
und konischem Knopf. Gew. 57,3g. Goldgehalt 18 Karat.
(Janssen 1852,163 Fig. 2). (Abb. 5,2; 7; 12).
3.–6. Vier identisch gestaltete goldene Halsringe, allerdings mit abweichenden Maßen (Abb. 5,3; 7; 12).
3. Goldener Halsring mit Punzverzierung um die Verdickung und an beiden Enden des Mittelteils; Verschluss
aus birnenförmiger Öse und konischem Knopf. Gew.
58,3g. Goldgehalt 18 Karat. (Janssen 1852,163 Fig. 3).
4. Goldener Halsring mit Punzverzierung um die Verdickung und an beiden Enden des Mittelteils; Verschluss
aus birnenförmiger Öse und konischem Knopf. Gew.
– 1 korrel = 0,1g. Für die Angaben zur Umrechnung in Gramm
danke ich Dr. Egge Knol, Groningen, herzlich.
211
Acta Praehistorica et Archaeologica 41, 2009
Abb. 7: Velp, Halsringe aus dem Schatzfund von 1851. Die Markierung zeigt das Fehlen einer Punzverzierung auf einem der angeblich
vier identischen Ringe. Foto: A. Kudrjawizkij.
73,8g. Goldgehalt 18 Karat. (Janssen 1852, 163 „Fig. 3“
ohne Abb.).
5. Goldener Halsring mit Punzverzierung um die Verdickung und an beiden Enden des Mittelteils; Verschluss
aus birnenförmiger Öse und konischem Knopf. Gew.
70,5g. Goldgehalt 18 Karat. (Janssen 1852, 163f. „Fig. 3“
ohne Abb.).
6. Goldener Halsring mit Punzverzierung um die Verdickung und an beiden Enden des Mittelteils; Verschluss
aus birnenförmiger Öse und konischem Knopf. Gew.
87,7g. Goldgehalt 18 Karat. (Janssen 1852, 164 „Fig. 3“
ohne Abb.).
7. Goldener glattstabiger Halsring mit Verschluss aus birnenförmiger Öse und konischem Knopf. Gew. 41,6g.
Goldgehalt 18 Karat. (Janssen 1852, 164; Fig. 4.)
(Abb. 5,4; 7).
8. Spirale aus dickem Golddraht (Ringgold). Gew. 39g.
Goldgehalt 18 Karat. (Janssen 1852, 164 Fig. 5).
(Abb. 5,5).
9. Fragment aus dickem Golddraht mit Punzverzierung
(Ringgold). Gew. 7,2g. Goldgehalt 24 Karat. (Janssen
1852, 164 Fig. 6). (Abb. 5,6).
16
Schoppa/Hucke 1936, Taf. 29,5.6.
212
10. Goldener Fingerring mit ovaler Fassung; Einlage ausgefallen. Janssen erwähnt deutliche Abnutzungsspuren.
Innere Weite 22mm. Gew. 9,97g. Goldgehalt 24 Karat.
(Janssen 1852, 164 Fig. 7 [auf Taf. Fig. 8!]; Henkel 1913,
38 Nr. 264; Taf. 13,264). (Abb. 5,8; 6,2).
11. Goldener Fingerring mit rechteckiger Zierplatte, darin
eingetieft männliche Büste (Siegelring?). Innere Weite
21:19 mm. Gew. 10,26g. Goldgehalt 18 Karat. (Janssen
1852,164 Fig. 8 [auf Taf. Fig. 7!]; Henkel 1913, 16 Nr. 99;
Taf. 4, 99). (Abb. 5,7; 6,1).
Die beiden Fingerringe (Abb. 6) sind zweifellos römischer Herkunft. Das Exemplar mit der ovalen Fassung kann nicht genauer eingeordnet werden, zumal
die Einlage fehlt, doch sind Parallelen aus dem
Schatzfund von Körbecke (Kr. Soest; D) bekannt16.
Der Siegelring gehört zu einer charakteristischen
Gruppe mit rechteckiger Zierplatte. Es gibt solche
mit männlicher oder weiblicher Büste und solche
mit einem Paar. Die meisten Exemplare sind ohne
Fundkontext überliefert, doch streuen die Fundorte
Quast, Velp und verwandte Schatzfunde
Abb. 8: Völkerwanderungszeitliche Schatzfunde mit Hacksilber
aus römischen Silbergefäßen. 1 Simmersted. 2 Gudme. 3 Heselager. 4 Hardenberg. 5 Høstentorp. 6 Sorte Muld. 7 Młoteczno.
8 Groß Bodungen (Nachweise vgl. Anm. 23).
von der unteren Donau bis zum Niederrhein17. Für
die Datierung ist Grab 26 aus Cortrat (Dép. Loiret;
F) wichtig, das durch ein Paar Tutulusfibeln vom
Typ Oudenburg, ein Haarpfeil mit vier Zierknöpfen
(„Typ Tongeren“) in das späte 4. bzw. erste Drittel
des 5. Jahrhunderts eingeordnet werden kann18. Leider ohne Kontext ist der goldene Fingerring aus
Hummeldorf (Kr. Emsland; D) im Barbaricum überliefert19.
Während der Siegelring aus dem Schatzfund von
Velp eine römische Komponente darstellt, weisen
die beiden unscheinbaren Drahtfragmente (Abb.
5,5.6), denen bislang keine große Aufmerksamkeit
geschenkt wurde, in andere Zusammenhänge. Es
handelt sich dabei um sog. Ringgold, das durch Zerschneiden größere Ringe entstand und sich regelhaft
Abb. 9: Velp, Rückseite eines Halsringes mit Hammerschlägen vom Treiben des verbreiterten Mittelteils. Foto: H. Born.
17
Fingerringe mit Einzelbüsten: Battke 1963, Abb. 25 (Gold);
Spier 2007, Taf. 146,R77.R78 (Bronze); Henkel 1913, Taf. 4,98
(Gold); 42,1064 (Bronze); Faust 2004/2005, 157ff. bes. 206 Nr.
96 (Silber). Weiterhin zwei fundortlose Exemplare aus dem
RGZM Inv.-Nr. O. 13069 und O 13071 (Bronze). – Fingerringe
mit Paaren: Henkel 1913, Taf. 20,401 (Silber); Kunst der Spätantike 1939, 16 Nr. 29 (Silber). Gleicher Ring bei Battke 1938,
Taf. 2,36. – Amtl. Ber. Königl. Kunstsammlungen Berlin 35,
1913, 31 mit Abb. 15 (Bronze); Spier 2007, Taf. 146, R80 (Bronze); Arneth 1850, 33 Taf. G.XII, 153 (Gold); Marshall 1907, 35
Taf. 5, 208 (Gold); Dalton 1912, 21 Nr. 127 (Gold).
18
Böhme 1974, 22; 39 Taf. 118; Die Franken 1996, 838f. Nr.
15.
19
Schlicht 1965, 381f.; Häßler 2003, 88f.
213
Acta Praehistorica et Archaeologica 41, 2009
in völkerwanderungszeitlichen Hortfunden Südskandinaviens findet20. Hier werden also ansatzweise
gleichartige religiöse Anschauungen oder herrschaftliche Systeme, u.a. auf der Basis des Gabentauschs,
fassbar. Interessant ist, dass Ringgold sich in Horten
häufig zusammen mit Münzgeld findet, das zur Verteilung an Gefolgsleute sicher einfacher zu nutzen
war. Das Ringgold wird vermutlich seinen hohen
Abb. 10: Goldgewicht der Halsringe vom Typ Velp und ausgewählter anderer Halsringe. AG = Silber; sonst Gold.
20
Steuer 2003b, mit weiterer Lit.
214
Quast, Velp und verwandte Schatzfunde
symbolischen Wert aus dem Zerteilen des ursprünglichen Objektes, in den meisten Fällen eines
(Draht)Ringes erhalten haben.
Es gibt aus dem Limesvorland in den heutigen Niederlanden, in Westfalen und Niedersachsen zwar
zahlreiche Hortfunde des 4. und 5. Jahrhunderts,
doch spielt Ringgold dort keine Rolle. Dennoch ist
das Vorkommen nicht verwunderlich, da sich immer
wieder Hinweise darauf finden, dass die barbarischen
Eliten untereinander seit der römischen Kaiserzeit
weit vernetzt waren und gleiche Formen der Selbstdarstellung und Legitimierung benutzen, zu denen
eben auch die Niederlegung von Opfern mit Ringgold gehörte. Dass auch die Franken des 5. Jahrhunderts in diese Kommunikationsräume eingebunden
waren, konnte bereits anhand einiger Objekte aus
Vermand (Dép. Aisne, F) und dem Childerichgrab in
Tournai (Prov. Hainaut, B) aufgezeigt werden21. Solidihorte aus Gudme (Fünen, DK) mit westlichen
Prägungen bezeugen diese Kontakte ebenfalls22. Wie
weit diese Räume gleichartiger Vorstellungen letztlich gingen, zeigt die Verbreitung der Hortfunde des
5. Jahrhunderts, die Hacksilber in Form von zerteilten römischen Silbergefäßen enthielten (Abb. 8)23.
Doch kommen wir zu den charakteristischsten Objekten des Velper Schatzes. Es handelt sich um die
Golddrahtringe, deren Mittelteil durch Treiben erweitert wurde. An einem Exemplar kann man noch
sehr gut die Hammerschläge auf der Rückseite erkennen (Abb. 9)24. Die Mittelteile wirken auf den
ersten Blick recht massiv, da sie leicht facettiert sind.
Dennoch sind sie nur wenige Millimeter stark und
zum Teil scharfkantig25. Ihr Gewicht liegt zwischen
57 und 87,7g und somit durchaus im Bereich „tragbarer“ Halsringe (Abb. 10)26. Auffällig ist, dass sich
das Gewicht der Velper Ringe deutlich am römischen
Pfund (327,45g) beziehungsweise an dessen
zwölftem Teil, der uncia (27,2875g) und deren Sechser-Brüchen (4,54g = 1 Solidus) orientierte, wie es
21
Carnap-Bornheim 1999, 47ff. bes. 54ff.; Quast 2003, 597ff.
Kromann 1987, 61ff. bes. 72; ders. 1994, 64ff. bes. 66.
23
Grünhagen 1954, bes. 15ff.; 58ff.; Voss 1951, 152ff. bes. 165
mit Abb. 8; ders. 1954, 171ff. bes. 204ff. mit Abb. 22–26;
Munksgaard 1955, 31ff.; ders. 1987, 82ff. mit Taf. 16; Axboe
2002, 295ff.; Jensen 2004, 66f. mit Abb. auf S. 68. – Zu M_oteczno (PL) (ehem. Hammersdorf): Ebert 1923, 154ff.; Bott
1976/77, 139ff. (mit älterer Lit.); Adelung/Carnap-Bornheim/Ibsen/Valujev 2005, 88 Nr. 20; Menghin 2007, 368 Nr. IV.1.
24
Für die Überlassung der Aufnahme danke ich H. Born und M.
Bertram herzlich. – Im Gegensatz dazu beschreibt Roes (1947,
175) die Ringe aus Rhenen als aus Blech ausgeschnitten, dessen
Enden zu einem Draht geschmiedet wurden.
25
Auch die Ringe aus Rhenen müssen sehr dünne Mittelteile
22
Abb. 11: Velp, Schatzfund von 1851, Goldgewicht der Halsringe
in römischen Unciae.
bereits vor 20 Jahren Max Martin für zahlreiche weitere germanische Edelmetallarbeiten aufzeigen
konnte27. Eine Tabelle (Abb. 11) zeigt, wie eng man
sich an das römische Gewichtssystem anlehnte28.
Ring Nr. 3 beispielsweise wiegt 58,3 g, das entspricht
ungefähr 2 1/6 unciae (das exakte Gewicht von 2 1/6
unciae wären 59,12 g, d.h. der Velper Ring wiegt
99% davon, die Abweichung liegt bei 0,8 g!).
Es wurden unterschiedliche Punzen zur Verzierung
der Velper Ringe genutzt (Abb. 12): Punkte, Kreise,
Doppelkreise, Kreisaugen, Dreiecke (gefüllte und
leere), doppelte V-förmige Winkel und Ellipsen
(„mandelförmig“) mit eingeschriebenem Strich oder
auch ungefüllt. Von den Ringen aus Velp waren drei
(vier) mustergleich, allerdings unterschiedlich groß,
die anderen drei Exemplare waren jeweils individuell gestaltet. Was sich hinter dem mustergleichen
Satz verbirgt, bleibt vorerst unklar. Anscheinend erlaubte die unterschiedliche Größe aber, dass die
Ringe ineinander gelegt werden konnten. Unwahrscheinlich ist, dass sie gemeinsam getragen wurden,
denn die Ringen wirken aufgrund der dünnen Mittelteile kaum nutzbar. Zwar erwähnt Janssen Abnutzungsspuren an allen Stücken29, doch waren solche
haben. Roes (1947, 176) erwähnt, die auf der Vorderseite eingeschlagenen Punzen seien auf der Rückseite sichtbar.
26
Die goldenen Halsringe wurden zwar häufig zusammengestellt, doch fehlen zumeist Gewichtsangaben. In der Tabelle sind
außer den Ringen vom Typ Velp willkürlich weitere ungefähr
zeitgleiche Halsringe angefügt, um die Gewichts-Spannbreiten
anzuzeigen. Zusammenstellungen bei Keller 1967, 117f. mit
Abb. 4; Rau 1972, 109ff. bes. 147ff. mit Abb. 46; Keller 1979,
130f.; Schmauder 2002, 340 (Fundliste 16); 342ff. (Fundliste
18).
27
Martin 1987.
28
Evtl. würde ein erneutes präzises Abwiegen der Velper Ringen
zu noch besseren Ergebnissen führen.
29
Janssen 1852,165.
215
Acta Praehistorica et Archaeologica 41, 2009
Abb. 12: Velp, Schatzfund von 1851, Halsringe und Details der Punzverzierungen. (nach Jenny/Volbach 1933, Taf. 47.
in der Vitrine überhaupt nicht zu erkennen, dafür
aber die z.T. scharfen Kanten der Mittelteile30. Eventuell meinte Janssen das etwas verbogene Äußere
der rundstabigen Teile der Ringe.
Zu den Halsringen aus Velp sind einige Parallelen
bekannt, die eine relativ eng begrenzte Verbreitung
im westfälisch-niederländischen Gebiet zeigen
(Abb. 13). Auffälligerweise fanden sie sich bislang
nie in Gräbern, sondern nur in Schatzfunden. Fast
immer waren mehrere Ringe zusammen deponiert.
Zwar wurden die Ringen vom „Typ Velp“ schon
mehrfach zusammengestellt31, doch dürfte eine kur-
30
31
Mir war nur eine „Autopsie“ der Ringe vor der Vitrine in der
Eremitage in St. Petersburg während der Tagung möglich.
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Braat 1954, 2ff.; Waterbolk/Glasbergen 1955, 98; Schlüter
1988, Karte 10; Heidinga 1990, 17 Abb. 6; Steuer 2006, 121f.
Quast, Velp und verwandte Schatzfunde
Abb. 13: Verbreitung der Halsringe vom Typ Velp (ausgefüllte
Dreiecke), verwandter Formen (offene Dreiecke) und der Siedlungsgebiete der in den Schriftquellen erwähnten Stämme. a und
c: Hortfunde. b: Einzelfunde. 1. Velp. 2. Nijmegen. 3. Rhene.
4. Olst. 5. Beilen. 6. Dortund. 7. Oestrich. 8. Westerkappeln.
9. Körbecke. Nach Heidingea 1990, Abb. 6.
ze Fundliste mit Nachweisen für den folgenden Text
nützlich sein:
1. Velp (Prov. Gelderland; NL) Schatzfund von 1851
(Abb. 5)
2. Nijmegen (Prov. Gelderland; NL)32
3. Rhenen (Prov. Utrecht; NL)33
4. Olst (Prov. Overijssel; NL)34
5. Beilen (Prov. Drenthe; NL)35 (Abb. 15)
6. Östrich-Letmathe (Stadt Iserlohn; D)36
7. Westerkappeln (Kr. Tecklenburg; D)37
8. Dortmund (D)38 (Abb. 16)
9. „Drenthe“39
Hinzu kommt ein Exemplar aus Bronze:
10. Krefeld-Gellep (D)40
Häufig werden auch noch die Exemplare aus Körbecke (Kr. Soest, D), Pouan (Dép. Aube, F) und aus der
Sammlung Diergardt dem Typ Velp zugerechnet,
doch fehlt ihnen der typische verdickte Mittelteil41.
Neben der Form sind die Punzverzierungen charakteristisch für die Halsringe vom Typ Velp. Die verwendeten Punzen umfassen Punkte, Kreise, Halbkreise, Dreiecke und Ellipsen, die allerdings allesamt
in unterschiedlichen Ausführungen vorkommen,
nämlich einfach, doppelt und dreifach (Abb. 12).
Eine genaue Vermessung der benutzten Stempel
durch Harm Tjalling Waterbolk und Willem Glasbergen hat gezeigt, dass an unterschiedlichen Halsringen eines Fundortes z.T. die gleichen Stempel
verwendet wurden, darüber hinaus Stempelgleichheit aber nur einmal bei den doppelten Dreieckspunzen auf den Ringen von Beilen und Nijmegen zu
beobachten war42.
Abb. 14: Schatzfunde mit Halsringen vom Typ Velp, Zustand der Ringe und Beifunde.
32
37
33
38
Braat 1954, 3 mit Abb. 1.
Roes 1947, 175ff mit Abb. 1; Heidinga 1990, 14ff. mit Abb. 5;
Webster/Brown 1997, Taf. 50.
34
Braat 1954; Webster/Brown 1997, Taf. 51.
35
Waterbolk/Glasbergen 1955, Zadoks-Josephus Jitta 1976,
162ff.
36
Stieren 1929, 47ff. mit Abb. 29; Schoppa/Hucke 1936, Taf. 28;
Polenz 1985, 92 mit Abb. 43; Steuer 2003a, 6; Die Franken
1996, 824 Nr. 16 mit Abb. 66.
Schoppa/Hucke 1936, Taf. 27,7 (Fragment Mittelteil).
Regling 1908, 4; Schoppa/Hucke 1936, Taf. 29,1-2; Berghaus
1986, 124ff.; Berger1992 179ff.
39
Boeles 1951, 322, erwähnt, er habe aus „Drenthe“ das Fragment eines solchen goldenen Halsringes gesehen. Weiteres ist
unbekannt.
40
Werner 1938.
41
Werner 1938, 264. – Steuer 2006, 122.
42
Waterbolk/Glasbergen 1955, 93ff. mit Tab. 1 u. 2.
217
Acta Praehistorica et Archaeologica 41, 2009
Besonders die mandelförmigen Stempel lassen auf
den ersten Blick eine Beziehung zum Stil „SösdalaUntersiebenbrunn“ vermuten. Hierin spiegelt sich
aber eher ein zeitliches Phänomen als ein stilistisches43. Gerade im späten 4. und der ersten Hälfte
des 5. Jahrhunderts findet sich in weiten Teilen Europas ein regelrechter „Blech“horizont, dessen Objekte
z.T. flächige Punzverzierungen aufweisen. Eine detaillierte Studie der Stempel und der Ornamentik und
ihrer Verbreitung steht noch aus44. Mit den Halsringen vom Typ Velp wird aber anscheinend die westliche Ausdehnung erfasst. Die Punzornamentik liefert
somit auch einen Hinweis auf die zeitliche Einordnung der Ringe vom Typ Velp. Ergänzende Anhaltspunkte zur Datierung sind rar, denn die jeweiligen
Schatzfunde enthalten fast nie feinchronologisch
auswertbare Beifunde (Abb. 14). Allerdings waren
Beilen (Abb. 15), Westerkappeln und Dortmund
(Abb. 16,1) mit Münzschätzen vergesellschaftet45.
Der terminus post quem 395 für Beilen ergibt sich
durch die Solidi des Honorius, für Westerkappeln
liefert ein Soldidus Valens‘ das Datum nach 364/67
(allerdings sind von den ca. 50 Goldmünzen nur 19
erhalten und bestimmt). Der Dortmunder Fund wurde hingegen sehr viel später niedergelegt46. Die Numismatiker erkennen in der Zusammensetzung
dieses großen Solidusschatzes mehrere Zahlungen
aus dem römischen Reich (Abb. 16,2)47. Datierend
für die Niederlegung sind aber die Silbermünzen, argenti, von denen einige stempelgleiche Prägungen
Abb. 15: Der Schatzfund von Beilen. Nach Bloemers/Louwe Kooijmans/Sarfatij 1981, 114.
43
Vgl. Wamers 2000, 60ff.
Zuletzt zum Stil „Untersiebenbrunn-Sösdala“ mit älterer Literatur Tejral 1997, 321ff. bes. 333ff.; Lund Hansen 1969, 63ff.;
Fabech 1991, 121ff. bes. 132f.; Bitner-Wróblewska 2001, 89ff.
45
Verschiedentlich wird angenommen, auch das „collier“ aus
dem Schatzfund von 1715 könne ein Halsring vom Typ Velp
gewesen sein. Dagegen spricht, dass die Medaillons an dem
44
218
„collier“ hingen. Bei einem Ring mit verdicktem Mittelteil ist
das kaum denkbar. Heidinga 1990, 16; Steuer 2006, 122f.
46
Regling 1908; Albrecht 1957; Berghaus 1986; Van der Vin
1988, 275f.
47
Berger 1992, 182 („der Schatz setzte sich um 410 aus zwei
Teilen zusammen, einem zeitgleichen und einem ca. 30-40 Jahre
älteren Teil“). Den dritten Teil bilden die Silbermünzen.
Quast, Velp und verwandte Schatzfunde
Abb. 16: 1. Der Schatzfund von Dortmund. 2. Chronologische Aufgliederung der Solidi des Schatzfundes von Dortmund (ohne barbarische Nachahmungen) nach Prägedaten. 1 nach Die Franken, 1996, 823 Nr. 15. – 2 nach Berghaus 1986, 124.
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Acta Praehistorica et Archaeologica 41, 2009
an dem Gürtelgehänge eines Frauengrabes aus
Graben-Neudorf (Kr. Karlsruhe, D) haben und erst
aus der Zeit nach der Jahrhundertmitte stammen48.
Damit fällt Dortmund etwas chronologisch aus dem
Rahmen der sonstigen Schatzfunde mit Halsringen
vom Typ Velp, die der Zeit um 400 und dem frühen
5. Jahrhundert angehören49. Allerdings wird dadurch
auch deutlich, dass derartige Halsringe – in
Dortmund ohne Punzverzierung – auch im zweiten
Drittel des 5. Jahrhunderts noch ihre Bedeutung
hatten.
Nicht nur in Velp sondern auch an anderen Fundorten waren mehrere Halsringe unterschiedlicher Größe deponiert (Abb. 14), die ineinander „getragen“
werden konnten. Die beiden Exemplare von Rhenen
lassen das gut erkennen. Wie oben schon angemerkt,
zeigen die Velper Ringe keine erkennbaren Abnutzungsspuren, und auch die fünf Exemplare aus Beilen waren unbenutzt50. Das führt zu der Frage, welche Funktion sie eigentlich hatten. Waterbolk und
Glasbergen vermuteten, es handele sich um „eine
Art der Aufbewahrung einer größeren Menge Gold
bei Völkern, wo das Münzwesen kaum oder nicht
von praktischer Bedeutung war“51. Diese Interpretation klingt zwar unwahrscheinlich, wenn man davon
ausgeht, dass das Ausgangsmaterial aus geprägten
Münzen bestanden haben dürfte, dennoch weist sie
meiner Meinung nach in die richtige Richtung.
Matthias Hardt hat vor wenigen Jahren eine ausführliche Arbeit den „Schätzen europäischer Könige und
Fürsten des ersten Jahrtausends“ gewidmet und als
einen der herausragenden Verwendungszwecke die
Repräsentation herausgestellt, denn die Schätze wurden nicht verborgen, sondern gezeigt. Hieraus wurden die Geschenke ausgewählt, die anderen Herrschern oder der Gefolgschaft übergegeben wurden52.
In diesem Sinne könnte man die Halsringe vom Typ
Velp als Bestandteile der Schätze fränkischer „Kleinkönige“ interpretieren, denn Ringschmuck wird auch
in den Schriftquellen als wichtiger Bestandteil solcher Schätze erwähnt53. Zumindest in Velp selbst
zeigen die Medaillons des zweiten Schatzfundes, auf
welcher Ebene hier „Außenpolitik“ betrieben wurde54. Ob allerdings auch die Halsringe vom Typ Velp
wie die Medaillons römische diplomatische Geschenke waren, wie z.B. Egon Wamers vermutet, ist
zumindest unsicher55. Die enge regionale Verbreitung, die Verschlussform und das Fehlen vergleichbarer Funde innerhalb des Reichsgebietes mahnen
zur Vorsicht. Dass sie allerdings aus dem Gold römischer Zahlung gefertigt wurden, steht wohl außer
Frage.
Da Halsringe vom Typ Velp nur in einem relativ eng
begrenzten Gebiet auftreten und nur aus Hortfunden
bekannt sind, stellt sich natürlich die Frage, ob es
sich um Opfer oder Versteckfunde handelt. Vor dem
zweiten Weltkrieg vermutete man noch religiös bedingte Niederlegungen56, nach 1945 hingegen wurden die entsprechenden Fundkomplexe als Hinweise
auf Unruhezeiten gewertet. Wouter Cornelis Braat
etwa dachte an Einfälle der Thüringer um das Jahr
400, Waterbolk und Glasbergen sahen in plündernden
Angelsachsen den Grund für die Verbergung, Wolfgang Schlüter macht sächsische Einfälle ins fränkische Gebiet für das Vergraben der Solidusschätze
verantwortlich57. Eine Wende brachte eine Studie
von Hendrik Anthonie Heidinga aus dem Jahre 1990.
Aufbauend auf grundlegende Arbeiten von Nico
Roymans und Helmut Geislinger interpretierte er die
Fundkomplexe mit Ringen vom Typ Velp als von
den lokalen Eliten niedergelegte Weiheopfer, die u.a.
diese kultischen Handlungen, die ihre Nähe zu Göttern und Vorfahren unterstreichen sollten, dazu nutzen, ihre Herrschaft zu sichern58. Diese Meinung
48
54
Martin 1985, 310ff.; Berger 1992, 183. – Etwas präziser sind
anscheinend nur die argenti mit Titulaturen von Theodosius II
und Valentinian III aus Trier zu datieren (445–455), die im Dortmunder Schatz allerdings nicht vorkommen: Lafaurie 1987,
297ff. bes. 308.
49
Zur Datierung des Dortmunder Fundes von numismatischer
Seite vgl. jetzt Lafaurie 1991, 76ff. bes. 79 Anm. 51 (Deponierung „420/430“).
50
Waterbolk/Glasbergen 1955, 100. – Heidinga 1990, 36 mit
Anm. 23; Stieren (1929, 48) bezeichnet die beiden Ringe aus
Östrich als „frisch“.
51
Waterbolk/Glasbergen 1955, 100.
52
Hardt 2004, 196ff.; 218; 235ff. – In nordischen Sagas finden
sich immer wieder Hinweise auf „baugenreiche“ Herrscher.
Martin 1987, 214 Anm. 26; Hardt 2004, 70.
53
Hardt, ebd. 69ff.
220
In diesen Kontext gehört auch das Fragment eines mediterranen Halsringes aus Rhenen mit gepunzter Inschrift auf der
Rückseite. Roes 1947, 183ff. mit Abb. 4–5; Heidinga 1990, 14
mit Abb. 5 unten; Webster/Brown 1997, Taf. 50 unten; Wamers
2000, 58f. mit Abb. 27 und 28.
55
Wamers, ebd. 64f; 67 mit Verweis auf Werner 1938, 262, der
jedoch ausdrücklich ausschließt, „dass diese Ringe etwa römischen Ursprungs seien und zusammen mit dem gemünzten
Gold aus Föderatenzahlungen stammten“.
56
Schoppa/Hucke 1936, 408f.
57
Braat 1954 6; Waterbolk/Glasbergen 1955, 98f.; Schlüter
1988, 86ff.; 92f. – Vgl. Bergbaus 1986, 124ff. bes. 127: „in den
Schatzfunden scheinen sich vielmehr die militärischen Aktionen
in der zweiten Hälfte des 4. und zu Beginn des 5. Jahrhunderts
widerzuspiegeln“.
58
Heidinga 1990, 16ff.; Roymans 1990, 49ff.; Geislinger 1967.
Quast, Velp und verwandte Schatzfunde
wurde in der Forschung weitgehend übernommen59.
Deutlich dagegen hat allerdings Max Martin argumentiert. Seiner Meinung nach sprechen die zahlreichen Münzhorte mit Schlussmünzen des ausgehenden 4. und des ersten Viertels des 5. Jahrhunderts
eher für Versteckfunde aus Krisensituationen60.
Wolfgang Adler hingegen hat aus der regelhaften
Zusammensetzung der Horte mit Halsringen vom
Typ Velp auf eine regional begrenzte, eher religiös
bedingte Deponierungssitte geschlossen61.
Die Gründe, die zur Niederlegung der Depots geführt haben, sind natürlich von großer Bedeutung für
die historische Auswertung. Wir sind hier allerdings
im Bereich der Interpretationen, dass heißt, hier können nur Argumente abgewogen werden. Die gerade
vorgestellte Forschungsgeschichte zu den Schatzfunden mit Ringen vom Typ Velp zeigt bereits, wie
stark die jeweiligen Interpretationen von der Zeitgeschichte geprägt sein können. Bezieht man zusätzlich zu den archäologischen Quellen auch religionsgeschichtliche Kategorisierungen von Opfern mit
ein, so werden die Schwierigkeiten bei der Analyse
materieller Überreste noch deutlicher. Es wird unterschieden zwischen Bitt-, Sühne- und Dankopfern62.
Ein Bittopfer wird natürlich auch vor Krisensituationen dargebracht, so dass hier schon eine „Schnittmenge“ mit Versteckfunden entstehen kann. Der Akt
der Niederlegung offenbart sich nicht im archäologischen Befund. Heidinga hat daher meiner Meinung
nach zu Recht darauf hingewiesen, dass eine strikte
Trennung profaner und religiöser Handlungen in urund frühgeschichtlichen Gesellschaften keinesfalls
so eindeutig gewesen sein muss63.
Die archäologischen Kategorisierungsversuche von
Depotfunden können nur von der Zusammensetzung
ausgehen. Ein profaner Versteckfund wird eine „Mischung“ an Funden enthalten, ganz gleich, ob es sich
um einen individuellen oder einen gemeinschaftlichen Versteckfund handelt. Bei einer Selbstausstattung wird man hingegen persönliches Equipment
erwarten. Ein Opfer mit sakraler Intention kann von
Einzelpersonen oder eine Gruppe niedergelegt werden, doch wird es eine bestimmte Auswahl enthalten, deren Kriterien sich uns heute zwar entziehen,
59
Vgl. z.B. Böhme 1999, 54ff.; Steuer 2006, 122.
M. Martin, Wealth and treasure in the West, 4th-7th century.
In: Webster/Brown, Transformation 48ff. bes. 52ff.
61
Adler 2003, 299f.
62
Kötting 1984, 44ff.
63
Heidinga 1990, 16.
64
Waterbolk/Glasbergen (1955, 99) sehen das Zusammenrollen
der Ringe eher durch „Platzersparnis“ beim Vergraben bedingt.
60
evtl. aber durch eine gewisse Regelhaftigkeit zu erkennen sind. So klar das Ganze allerdings klingen
mag, es bleibt letztlich unklar, ob ein Fundensemble,
das man als „Mischung“ beschreiben würde, nicht
doch eine bewusste Auswahl darstellt, ob eine persönliche Ausstattung nicht nur scheinbar eine solche
ist. Die Schatzfunde mit Ringen vom Typ Velp stellen aber relativ klar eine bewusste und vor allem regelhafte Fundauswahl dar, bei der auffälligerweise
Metallgefäße fehlen. Von besonderem Interesse ist
der Fund von Beilen, denn dort sind alle erhaltenen
Ringe doppelt oder dreifach aufgerollt, so dass eine
spätere Nutzung wohl ausgeschlossen war64. Auffällig ist auch die Zusammensetzung der 23 beigegebenen Solidi, die sich auf römische Kaiser des letzten Drittels des 4. Jahrhunderts verteilen und zwar
mit einer bemerkenswerten Gleichförmigkeit65:
Valentinian I 4 Solidi
Valens
5 Solidi
Gratian
4 Solidi
Valentinian II 4 Solidi
Theodosius I 4 Solidi
Honorius
4 Solidi
Diese Zusammenstellung wirkt nicht zufällig und
lässt zusammen mit den aufgerollten Halsringen an
eine bewusste, irreversible Deponierung denken, an
ein Opfer. Ebenfalls zusammengerollt war der Halsring von Körbecke, der allerdings als unverzierter
rundstabiger Ring nicht zum Typ Velp gezählt werden kann66. Sollte die oben beschriebene sorgfältige
Anordnung der Funde aus dem 1851 in Velp aufgedeckten Fund zutreffend sein, so würde sie ebenfalls
auf eine Niederlegung als Opfer hindeuten.
Zwei andere Fundorte deuten hingegen eher auf eine
geplante temporäre Verbergung. Sowohl in Dortmund als auch in Westerkappeln waren die beigegebenen Münzen in einem Tongefäß aufbewahrt worden. In Westerkappeln fand sich zudem nur ein
kleines Halsringfragment, wohl ebenfalls im Gefäß.
Die enorm große Münzserie aus Dortmund, die aus
über einen Zeitraum von über 100 Jahren gesammelten Solidi besteht, um dann mit deutlich jüngeren
(minderwertigen) argenti zu schließen, deutet eher
auf ein Versteck, doch sei klar vermerkt, dass diese
Doch schon bei einem Spatenstich dürfte die geöffnete Fläche
groß genug gewesen sein, die Ringe unverbogen niederzulegen.
65
Zadoks-Josephus Jitta 1955, 103ff.; ders. 1976, 162ff. ; Van
der Vin 1988, 264ff.
66
Schoppa/Hucke 1936, Taf. 29,3; Böhme (1999, 54) zählt Körbecke irrtümlich unter den Schatzfunden mit spätantiken Denaren und Solidi auf, doch ist aus der Gemarkung lediglich ein
Denar Trajans bekannt: Korzus 1973, 95 Nr. 6129.
221
Acta Praehistorica et Archaeologica 41, 2009
Meinung kaum zwingend zu beweisen ist. Große
Bedeutung wird sicher zukünftigen Beobachtungen
zur Einbindung derartiger Schatzfunde in die Siedlungslandschaft zukommen.
Wichtig ist sicher das Vorkommen von Halsringen in
den Schatzfunden, gelten sie doch als Herrschaftszeichen von Göttern und Menschen67. Der fragmentierte Goldring aus Pietroasa (jud. Buzău, RO) mit
der Runeninschrift gutaniowihailag („Der Goten
Erbherr hochheilig“; „der Goten Erbbesitz geweiht
[und] unverletzlich“ oder der Goten Jupiter heilig“)
unterstreicht den Symbolgehalt deutlich68. Das gleiche gilt für die prachtvollen völkerwanderungszeitlichen Goldhalskragen aus Ålleberg, Möne (beide
Västergötland; S), Färjestaden (Öland; S) und wiederum aus Pietroasa69. In Skandinavien sind sie sehr
oft in Mooren deponiert worden, wie etwa eine Kartierung der dänischen Halsringe der Völkerwanderungszeit („Earlier Germanic Iron Age“) zeigt70.
Schließlich sein noch auf den Halsring, der zusammen mit fünf geösten Solidi (Valentinian I; Valentinian III, Leo I, Anastasius I; barbarische Nachahmung eines Solidus des Anastasius I) im Mulsumer
Moor bei Sievern (Kr. Cuxhaven; D) gefunden wurde, hingewiesen, den bereits Janssen 1852 erwähnt
hat71.
Nun sind gerade aus dem Verbreitungsgebiet der
Velper Ringe und dem anschließenden Niedersachsen so viele Goldhorte (wenngleich ganz unterschiedlicher Größe) bekannt72, dass man sich fragt,
ob dies wirklich alles herrschaftlich motivierte religiöse Äußerungen sind, zumal sie auch nur in einem
engen zeitlichen Raum in den Boden gelangten. Gerade bei Münzschätzen – im vorliegenden Fall kann
man geradezu von einem Horizont sprechen – denken Archäologen und Historiker zumeist an Katastrophen73.
Auffällig ist, dass der Großteil dieser Horte nur aus
Solidi besteht und zumeist mit Prägungen Valentinians I einsetzt74. In Dortmund liegen zwar ältere Prä-
gungen vor (Constantin und seine Söhne), doch ist
ein enormer Anstieg für die Jahre 364–378 zu verzeichnen (Abb. 16). Die fränkischen Stämme hatten
seit dieser Zeit anscheinend in verstärktem Maße
Aufgaben der Grenzsicherung übernommen, und
ihre Führer wurden entsprechend besoldet75. Dies
wird bestehende Machtstrukturen innerhalb dieser
gens gefestigt haben: Rom füllte die thesauri der
(Klein)Könige. Es ist sicher kein Zufall, dass genau
seit dieser Zeit bevorzugt Franken innerhalb des römischen Reiches in hohe militärische Positionen
aufstiegen76.
Interessanterweise gibt es eine kleine Gruppe von
Münzhorten, die nicht nur Solidi der zweiten Hälfte
des 4. und des frühen 5. Jahrhunderts enthält, sondern zusätzlich beachtliche Mengen von Denaren
des 2. Jahrhunderts. Ihnen sind Siliquae des 4./5.
Jahrhunderts beigeben, und dieses Charakteristikum
ist für Karlhorst Stribrny ein Indiz dafür, dass diese
Schätze im Barbaricum zusammengestellt wurden.
Neben dem Schatz aus dem Grab des fränkischen
Königs Childerich I sei hier auf Lengerich (Kr. Emsland, D) und Laatzen (Kr. Hannover, D) hingewiesen77. Hier werden zweifellos „Familien“ fassbar,
die über Jahrzehnte eine herausragende Stellung innehatten78.
Auffälligerweise treten nicht nur die Velper Halsringe, sondern auch die anderen erwähnten Halsringdepots nur in Gebieten auf, aus denen keine zeitgleichen reich ausgestatteten Männergräber bekannt
sind. Die jeweiligen Eliten stellten sich anscheinend
zu Lebzeiten u.a. durch Weiheopfer dar; die Nachfolger mussten oder konnten ihre Legitimation nicht
durch prunkvolle Bestattungen ihrer Vorgänger
durchsetzen. Natürlich hat es diese Eliten gegeben,
und sie waren weit vernetzt. Das Verbreitungsgebiet
der Velper Ringe zeigt doch anscheinend Gebiete
gleicher Kultausübung an79.
Interessant in diesem Kontext ist eine kurze Gegenüberstellung des Childerich-Grabes und des (oder
67
[36ff.]; ders. 1987b, 76ff. [87].– Van der Vin 1988, 263ff.; Berger
1992, 171ff.
73
Schlüter 1988, 67 passim.
74
Eine deutlich gewandelte Münzzufuhr nach der Mitte des 4.
Jahrhunderts beschreibt sehr deutlich Bloemers 1983, 199ff.
75
Van der Vin 1988, 274; Bloemers 1969, 198ff.; Berger 1992,
176ff.
76
Martin 1997, 119ff. bes. 122ff.
77
Alföldi/Stribrny 1998, 37ff. bes. 42 mit Anm. 16; Zedelius
1974, 12ff.; 23ff.; 28ff.
78
Berger 1992, 182f.; 187.
79
Böhme 1999, 56.
Vgl. zusammenfassend jetzt Adler 2003; Wamers 2000, 74f.
Adler, ebd. 294; Schmauder 2002, 116ff.; Goldhelm 1994, 232
Nr. 98.5.
69
Lamm 1998, 335ff.; ders. 1994, 37ff. (mit schönen Farbaufnahmen); Schmauder 2002, 116ff.; Taf. 107; 108; Goldhelm
1994, 232 Nr. 98.4.
70
Hedeager 1992, 61ff. mit Abb. 2.15-17; Adler 2003, 300.
71
Janssen 1852, 179f. „Naschrift“; Häßler 2003, Gold 106ff.
(mit älterer Lit.). Hässler (a.a.O.) vermutet eher einen Grabfund!
72
Martin 1987, 54 mit Abb. 22; Bloemers 1969, 73ff.; ders.
1983, 199 Abb. 8.31; van der Vin 1984, 5ff.; Iluk 1987a; 1ff.
68
222
Quast, Velp und verwandte Schatzfunde
Abb. 17: 1 Die erhaltenen Goldgegenstände aus dem Schatzfund von Lengerich. 2 Funde des Childerichgrabes aus Tournai. Tabellarische Gegenüberstellung der Objekte aus den Funden von Lengerich und Tournai. 1 nach Schmauder 1999, 94 Abb. 3. – 2 nach Lindenschmit 1880–1889, 68. – 3 zusammengestellt nach der in Anm. 77 und 80 genannten Lit.).
223
Acta Praehistorica et Archaeologica 41, 2009
der) Schatzfunde(s) aus Lengerich (Abb. 17)80. Obwohl sie über 100 Jahre auseinander liegen, weisen
sie doch nahezu identischen Ausstattungen auf!
Gleich welcher Grund die Deponierung(en) in Lengerich bedingte, fassen wir hier eine Person(engruppe)
der obersten Schicht. Schatzfunde und Elitengräber
schließen einander (anscheinend) weitgehend aus
und stellen damit unterschiedliche Formen der
„Selbstdarstellung“ dar. Einzige Ausnahme ist der
Schatzfund von Cottbus, der zwar von Ulla Lund
Hansen und Wilfried Menghin in die erste Hälfte des
5. Jahrhundert datiert wird, der jedoch mit dem
Schlangenkopfarmring als einzigem feinchronologisch auswertbarem Objekt eher in die Stufe C 2 datiert, wie bereits Kazimierz Godłowski feststellte81.
Ohne dass jetzt hier Gründe für die unterschiedlichen
Formen der Selbstdarstellung gesellschaftlicher Eliten analysiert werden können, sei festgehalten, dass
es anscheinend nirgendwo örtliche Kontinuitäten
gibt, sei es aufgrund wechselhafter politischer Geschichte, sei es aufgrund hoher Mobilität der jeweiligen Gruppen. Es ist allerdings nahe liegend, aus
der Verteilung der Schatzfunde der Zeit um 400 bzw.
des frühen 5. Jahrhunderts auf „Machtzentren“ zu
schließen, war doch der Sinn eines solchen Weiheopfers, die Verbindung zwischen Herrschenden und
Vorfahren bzw. Göttern möglichst dauerhaft zu demonstrieren82. Soweit bekannt, sind die Depots mit
Halsringen vom Typ Velp in das bestehende Siedlungsgefüge eingebunden. Heidinga hat die Fundstellen Rhenens kartiert; eine zeitgleiche Besiedlung
bezeugt das Gräberfeld „Donderberg“83. Der Fund
von Beilen fand sich in einiger Entfernung zur Siedlung Wijster (Prov. Drenthe, NL), für die Johann
Hendrik Frederik Bloemers für das 4. Jahrhundert
Veränderungen erkennt, die auf eine hierarchisch gegliederte Struktur schließen lassen84. Heidinga hat
die Schatzfunde mit Ringen vom Typ Velp zusam-
men mit den schriftlich überlieferten Siedlungsgebieten fränkischer Stämme kartiert und eine gleichmäßige Verteilung (~ pro Stammesgebiet ein Hort)
festgestellt – trotz möglicher quellenkritischer Einwände ein beeindruckendes Verbreitungsbild
(Abb. 13)85.
Velp fällt durch seine zwei Schatzfunde auf, und es
ist zu vermuten, dass hier ein wichtiges frühfränkisches Zentrum lag. Mit einiger Wahrscheinlichkeit
wurden beide Horte nicht zeitgleich deponiert und
bezeugen dadurch eine längerfristige Nutzung dieses
Zentralortes. Die Niederlegung reicher Weiheopfer
an unterschiedlichen Orten innerhalb einer Gemarkung ist geradezu charakteristisch für die sogenannten Reichtumszentren der Völkerwanderungszeit.
Bei systematisch und großflächig untersuchten Plätzen bieten sich durchaus detaillierte Einblicke, wie
etwa in Gudme auf Fünen (DK) (Abb. 18,1)86. An
anderen Orten wie in Velp oder auch in Młoteczno
(woj. Warminsko-Mazurskie, PL) (ehem. Hammersdorf) (Abb. 18,2)87 lassen nur die zufällig an verschiedenen Stellen geborgenen Schatzfunde solche
Zentren vermuten und könnten durchaus Anlass zu
gezielten Prospektionen bieten. An den beiden zuletzt genannten Fundorten fällt auf, dass Halsringe
und Medaillons – an unterschiedlichen Stellen niedergelegt – eine enorme Bedeutung als Opfergabe
hatten.
80
83
Zedelius 1974, 28ff.; Schlüter (1988, 64f.; 80) geht noch von
drei Horten aus. – Berger 1992, 172f.; Schmauder 1999, 91ff.;
Häßler 2003, 78ff. (mit weiterer Lit.).
81
Marschalleck 1934a, 70ff. bes. 103f. mit Taf. 8; ders. 1934b
208f.; Menghin 2007, 40 mit Abb. 6; 277f. Nr. 0.4; Lund Hansen
1995,205; Godłowski 1970, 30f. – Ob die Datierung aber nicht
durch einen Mangel an C3 zeitlichen Elitegräbern bedingt ist,
evtl. also eine längere Laufzeit der Ringe denkbar wäre, ist unklar.
82
Heidinga 1990, 18f. – Böhme 1999, 54ff. – Ähnlich schon
Bloemers 1983, 201.
224
Nachtrag:
Die Medaillons aus dem Schatzfund von 1715 wurden inzwischen erneut publiziert; in der Arbeit finden sich auch Abbildungen aus bislang nicht zugänglichen alten Dokumentationen (vgl. Anm. 3):
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Heidinga 1990, 14 Abb. 4; 20ff.
Van Es 1967, 28 fig. 1; Bloemers 1983, 191; Bloemers/Louwe
Kooijmans/Sarfatij 1981, 114f.
85
Heidinga 1990,18 mit Abb. 6.
86
Nielsen/Randsbog/Thrane 1994; Vang Petersen 1994; – Zusammenfassend: Steuer 2003c.
87
Sitzungsberichte der Altertumsgesellschaft Prussia 24, 1923,
154ff. (M. Ebert). – H. Bott, Zur Datierung der Funde aus Hammersdorf (Ostpreussen): Ebert 1923, 154ff.; Bott 1976/77, 139ff.
(mit älterer Lit.); Adelung/Carnap-Bornheim/Ibsen/Valujev
2005, 88 Nr. 20; Menghin 2007, 368 Nr. IV.1.
84
Quast, Velp und verwandte Schatzfunde
Abb. 18: Topographie der “Reichtumszentren” Gudme (Fünen; DK) und Młoteczno (woj. Warminsko-Mazurskie; PL) (ehem. Hammersdorf). 1. Lage der Hortfunde (Sterne) und Ausgrabungsflächen (schwarz) südwestlich von Gudme. 2. Lage der Fundstellen in
Młoteczno: bei den Nr. 2–5 wurden Berlocke, Fibel und Halsringe gefiunden; 6 markiert die Fundstelle der silbernen Schalenfragmente; 7 diejenige des Goldmedaillons. (1 nach Vang Petersen 1994, 30 Abb. 1. – 2 nach Ebert 1923, 156 Abb. 13).
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